In der Frage nach einer allfälligen Frau auf dem Papstthron sind die Jahre 850 bis 880 relevant.
Falls es Päpstin Johanna gegeben hat, müsste sie in diesem Zeitraum ihr Amt ausgeübt haben.
Und just in diesem Zeitraum stellen sich eine ganze Reihe von Fragen, weil Unklarheiten bestehen, die möglicherweise bewusst geschaffen worden sind, um Tatsachen zu verschleiern.
Leo IV., Pontifikat 847-855, 8 Jahre 3 Monate 7 Tage
Anastasius III. Pontifikat 855, 2 Tage; Gegenkandidat zu Benedikt III.
Benedikt III., Pontifikat 855-858, 2 Jahre 6 Monate 19 Tage
Nikolaus I., Pontifikat 858-867, 9 Jahre 6 Monate 20 Tage
Hadrian II., Pontifikat 867-872; Viertes Konzil von Konstantinopel (869-870)
Johannes VIII., Pontifikat 872-882, 10 Jahre 2 Tage; Erster gewaltsam zu Tode gekommener Papst seit der Christenverfolgung
In dieser Aufstellung ist kein Platz für eine allfällige Päpstin.
Auffallend sind verschiedene Unklarheiten und Widersprüche bezüglich der Jahreszahlen in den verschiedenen Quellen.
Betreffend der Monogramme werden in der Regel die Münzen der beiden Päpste mit dem Namen Johannes als Varianten des gleichen Papstes deklariert. Das Monogramm war die verbindliche Unterschrift für Dokumente. Hätte ein Papst sein Monogramm geändert, wären sämtliche früher von ihm unterzeichneten Dokumente ungültig geworden. Das ist vor allem in Bezug auf die Anerkennung von Ludwig II. als Fränkischer Kaiser wenig plausibel. Ludwig II. wäre in diesem Falle rund 16 Jahre unbestätigter Kaiser gewesen. Zudem bestehen klare stilistische Unterschiede bei den beiden Münzen, was die Unglaubwürdigkeit dieser Behauptung noch verstärkt.
Es entsteht der Eindruck, dass ein Pontifikat hätte vertuscht werden müssen: Das Pontifikat einer Frau.
Die Theologin Joan Morris geht davon aus, dass Martin von Troppau das Liber Pontificalis gelesen hatte. Wegen der Tilgungen konnte er das Pontifikat von Johanna nicht mehr sicher einordnen. Er setzte es direkt nach Leo IV. an und seither sind die meisten Wissenschaftler dieser Annahme gefolgt.
Nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Quellen und mit Einbezug der Informationen, welche aus den Kombinationsmünzen bezogen werden können, sind die tatsächlichen Pontifikate wie folgt belegt:
Leo IV.: Amtsantritt 847
ab 853 nicht mehr dokumentiert. Es wird zwar ein genauer Todestag angegeben, nicht jedoch das Jahr.
Bendedikt III. : Amtsantritt 853?
Vor 855 Kombinationsmünze Benedikt III. mit Lothar I.
Kombinationsmünze mit Kaiser Ludwig II. und Papst Benedikt. Ludwig II. erbte die Kaiserkrone im Sommer 855.
Aufgrund von Quellen ist der Tod von Papst Benedikt III. nach Spätherbst 855 anzunehmen. Sicher nachweisbar ist er nur bis ca. November 855.
Johannes Anglicus: Amtsantritt 856
Die sakrale Krönung von Ludwig II. durch Papst Johannes ist dokumentiert. Es existiert ein Brief von Anastasius an Papst Johannes. Zudem zeigen Kombinationsmünzen Ludwig II. und Papst Johannes
857/58 Tod von Johannes Anglicus?
Nikolaus I.: Amtsantritt 858
Nach 858 Kombinationsmünzen Ludwig II. mit Nikolaus
867 Tod von Papst Nikolaus.
Hadrian II.: Amtsantritt 867
Kombinationsmünze Ludwig II. mit Hadrian
872 Tod von Papst Hadrian II.
Johannes VIII.: Amtsantritt 872
875 Tod von Kaiser Ludwig II. Sein Nachfolger wird Karl II. der Kahle
Nach 875 Kombinationmünzen von Karl II. und Johannes VIII.
882 wird Papst Johannes VIII. ermordet.
Die Münzen jener Zeit zeigen keine Jahreszahl und können daher nur über den Stil sowie die Kombination der Namen von Papst und Kaiser in ein Zeitfenster eingeordnet werden.
Textquellen und Abfolge der Münzen bestätigen sich gegenseitig und bezeugen, dass es einen weiblichen Papst - Päpstin Johanna - gegeben hat. Diese Person ist dokumentiert als Johannes Anglicus, der den Papstnamen Johannes gewählt hatte und in der Zählung der achte Papst dieses Namens war.
Bild «Lateranpalast mit Lateranbasilika»: Dnalor 01 - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link